Der Rat der Stadt hat in seiner letzten Sitzung den Schnellschuss des Oberbürgermeisters zum Bau eines Eisenbahnmuseums auf der Fuhseniederung in Salder gestoppt. Die GRÜNEN im Rat haben mit ihrem Änderungsantrag beharrlich ein überzeugendes Gesamtkonzept für das Museum Schloss Salder gefordert und ein abgestuftes Vorgehen empfohlen. Der vorgeschlagene Neubau ist weder im Hinblick auf Stadtplanung, Umwelt- und Naturschutz, Denkmalpflege und Bauanforderungen geeignet, die genannten Baukosten und Finanzierungen sind fehlerhaft und schöngerechnet, die erheblichen Folgekosten wurden nicht genannt. GRÜNEN-Ratsherr Wolfgang Rosenthal hat in der Ratssitzung diese Schwächen und Mängel aufgezeigt. Auch wenn der weitgehende und begründete Änderungsantrag der GRÜNEN nicht beschlossen wurde, hat doch das konsequente Eintreten der Ratsfraktion bewirkt, dass die Fragen des Baugrundstückes, der Baukosten und der Finanzierung noch zu klären sind und von uns aufmerksam verfolgt werden.
Weiter mit der Rede von Wolfgang Rosenthal:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
Herr Oberbürgermeister,
Meine geehrten Damen und Herren
Die Ursprungsvorlage sollte im Hau-Ruck-Verfahren durchgepeitscht werden, enthält viele gravierende Fehler und große Defizite. Nicht zuletzt deshalb hat sie auch eine kontroverse öffentliche Diskussion ausgelöst, wie die Schlagzeilen und Berichterstattung unserer Salzgitter Zeitung das belegen.
Aber der Reihe nach :
Zu Beginn der Sitzung des Stadtplanungs- und Bauausschusses am 8. Februar wurde den Ausschussmitgliedern die Beschlussvorlage 0525/16 Mobilitätsmuseum zur Beschlussvorbereitung vorgelegt und die Aufnahme in die Tagesordnung als Dringlichkeit beantragt. Eine Zumutung sondergleichen, enthält doch die Vorlage 6 Anlagen mit ca 60 Seiten und sollte in der Ratssitzung am 29. Februar beschlossen werden.
Auf Intervention unserer Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde die Entscheidung auf die heutige Ratssitzung verschoben.
In den nunmehr folgenden 5 Fachausschussberatungen wurde von keinem einzigen Fachausschuss eine Empfehlung zum Beschluss der Vorlage abgegeben.
Deshalb haben wir uns mit der Vorlage zu befassen, wobei ein Blick in das Geschriebene erleichtert die Wahrheitsfindung.
Der Beschlussvorschlag des Oberbürgermeisters beinhaltet, das der „Gebäudeteil Schafstall saniert und der Neubau einer Halle auf der Fuhsewiese ….. errichtet“ werden soll. Auch wenn verwaltungsseitig immer wieder gebetsmühlenartig verkündet wird, es solle nur ein Grundsatzbeschluss gefasst werden, handelt es sich hierbei um einen Projekt- und Ausführungsbeschluss. Und das weiß die Verwaltung genau, Ziel des Oberbürgermeisters ist es offenbar, Rat und Öffentlichkeit vor vollendete/beschlossene Tatsachen zu stellen.
Der Neubau einer Halle soll „auf der Fuhsewiese“ errichtet werden. Auch wenn in der Vorlage kein einziges Wort darüber enthalten ist, „ist das Grundstück gegenwärtig nicht bebaubar“, so Aussage Stadtrat Tacke.
Denn das Grundstück liegt in einem Vorrangebiet für Natur und Landschaft, in einem Vorranggebiet Hochwasserschutz und in einem festgelegten Überschwemmungsgebiet. Laut Herrn Tacke sind entsprechende Änderungsverfahren notwendig, um die Voraussetzungen für eine Bebauung erst zu schaffen, und deren Ergebnis ist offen. In der Sitzung des Stadtplanungs- und Bauausschusses erläuterte die Verwaltung : “Insbesondere sind die schwierigen Gründungsverhältnisse zu berücksichtigen“. All diese Erkenntnisse hat die Verwaltung, dennoch wird in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt „Das …. ins Auge gefasste Gelände Fuhseniederung kann …….. problemlos bebaut werden“. Mit Verlaub, Herr Oberbürgermeister, das ist eine vorsätzliche Täuschung des Rates und der Öffentlichkeit.
Weiter heißt es im Beschlussvorschlag des Oberbürgermeisters „Das Kostenvolumen beträgt nach DIN 276 3,9 Mio €“. Aus den Anlagen 5 und 6 zur Vorlage geht hervor, dass es sich um Kostenschätzungen nach DIN 276 handelt. Kostenschätzungen sollen eine Genauigkeit von plus/minus 30 % beinhalten und in mindestens 7 Kostengruppen bis zur ersten Ebene der Kostengliederung untergliedert sein. Diese Untergliederung ist in den vorgelegten Kostenschätzungen nicht enthalten, die Kostenschätzungen weisen auch weitere Mängel auf :
So ist nicht nachvollziehbar, warum bei unterschiedlichen Gesamtnutzflächen von ca. 4.500 qm in Variante 3BI und ca 6.000 qm in Variante 3BII – also einem Größenunterschied von 33 % – sich gleiche Bauwerkskosten für die Baukonstruktion – nämlich 2,3 Mio € – und gleiche Bauwerkskosten für die technischen Anlagen – nämlich 300.000 € – ergeben.
Die Gesamtkosten für die Sanierung des Schafstalles sind mit 500.000 € und die des Neubaus mit 3,2 Mio € angegeben, also insgesamt 3,7 Mio €. Alle Kosten sind ohne Mehrwertsteuer, es ergeben sich also Gesamtkosten in Höhe von brutto 4,403 Mio €.
Nach Angaben der Verwaltung soll das Grundstück wegen der Überschwemmungsgefahr auch um etwa 1 m erhöht werden. Die Kosten hierfür werden im mittleren 6-stelligen Bereich liegen, sodass wir nach der vorgelegten Kostenschätzung mit den Gesamtkosten an die 5 Mio € herankommen.
In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass in dem Masterplan von den Gutachtern die Baukosten für das Mobilitätsmuseum mit Hilfe eines beratenden Architekten aufgrund des Baukostenindex mit 7,514 Mio € ermittelt wurden. Hinzu kommen Kosten für Außenanlagen und Gleisbau in Höhe von 470.000 € sowie Kosten für den Transport der Bahnfahrzeuge in Höhe von 350.000 €.
Meine Damen und Herren, das im Beschlussvorschlag des Oberbürgermeisters genannte Kostenvolumen ist unseriös und realitätsfremd. Gerade bei derartig kostenintensiven Maßnahmen, Herr Klingebiel, gilt der Grundsatz „Vollständigkeit und Sorgfalt geht vor Schnelligkeit.
Und es bleibt ja nicht bei den Investitionskosten. Die jährlichen Betriebskosten des Museums Schloss Salder werden nach Berechnungen der Gutachter laut Masterplan um 21 % auf 1,45 Mio € steigen.
Die Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters lässt es auch völlig unklar, wie eine nahezu 100 % Überbauung des Fuhsegrundstückes im Hinblick auf Stadtplanung, Planungsrecht, Erschließung, Umwelt- und Naturschutz sowie Denkmalpflege gerechtfertigt und durchgeführt werden kann.
Auch hinsichtlich Architektur und Gestaltung sind die vorgelegten Modellkonzeptionen nicht überzeugend und nicht akzeptabel : Variante 3BI hat den morbiden Charme eines entgleisten ICE’s, Variante 3BII hat die Wucht eines Panzerkreuzers. Für ein derartiges und einzigartiges Neubauvorhaben ist die Durchführung eines Architektenwettbewerbes zur Erlangung des bestmöglichen Entwurfs unerlässlich. Ein Beschluss zur Vergabe von Genehmigungs- und Ausführungsplanungen zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht nur verfrüht, sondern unverantwortlich.
Herr Oberbürgermeister, ihr Vorschlag zur Finanzierung des Vorhabens im Wesentlichen durch Zuschüsse und Erstellung eines Finanzierungsplanes ist verwunderlich und nicht nachvollziehbar. Enthält doch der von Ihnen eingebrachte Entwurf des Haushaltplanes 2012 den Ansatz „Zuwendung/Zuschuss Mobilitätsmuseum“ in Höhe von 4, 0 Mio €, was dem Ausgabeansatz entspricht. Dass diese Summe für die Sanierung des Schafstalles und den Neubau des Mobilitätsmuseums nicht ausreicht, ist auch ihnen sicherlich klar.
Herr Oberbürgermeister, sie haben mit dieser Beschlussvorlage versucht, uns Sand in die Augen zu streuen, in der Hoffnung, dass wir die Augen schließen und nach dem Motto „Augen zu und durch“ beschließen. Diese Rechnung geht nicht auf, Herr Klingebiel.