Die Grünen zum Gespräch mit SZAG-Vorstand zum Wasserstoff-Projekt Salcos

Grüner Stahl aus Salzgitter ist „Leuchtturmprojekt“ für klimaneutrale Industrie

 PressemitteilungSalzgitter-Lebenstedt. Die Grünen im Bund und in Niedersachsen sehen in der klimaneutralen Umstellung der Stahlproduktion der Salzgitter AG ein „Leuchtturmprojekt“ für den Industriestandort Deutschland. „Was die Salzgitter AG hier mit der Nutzung von grünem Wasserstoff vorantreibt, hat das Potenzial für ein Leuchtturmprojekt für die klimaneutrale Industrieproduktion. Das ist ein Quantensprung, was hier angegangen wird. Und deshalb unterstützen wir Grünen das auch im Bund und im Land Niedersachsen sehr engagiert“, erklärte Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang nach einem Gespräch (Dienstag, 4.10.) mit Salzgitter AG-Vorstandschef Gunnar Groebler und weiteren Verantwortlichen des Konzerns.

Begleitet wurde sie von Christian Meyer, Grünen-Spitzenkandidat zur Landtagswahl und den Grünen-Direktkandidaten Michael Dröse (Salzgitter) und Nico Söhnel (Wolfenbüttel-Nord). Im Mittelpunkt stand das „Salcos“-Projekt, mit dem Deutschlands zweitgrößter Stahlkonzern seine Stahlproduktion stufenweise bis 2033 komplett klimaneutral umstellen will. „Für den Industriestandort Niedersachsen geht es darum, die Umstellung auf eine klimaneutrale Produktion in allen Bereichen voranzutreiben. Und das bedeutet, dass wir möglichst schnell unabhängig von fossiler Energie aus Gas, Kohle oder Öl werden“, betonte Meyer, der im Spitzenduo der Grünen besonders für die Umwelt- und Klimapolitik steht. „Eine Schlüsselrolle spielt dabei klimaneutral produzierter ‚Grüner Wasserstoff‘“.

Die Salzgitter AG hat kürzlich die Zusage vom Bundeswirtschaftsministerium über 700 Millionen Euro und vom Land über 300 Millionen Euro erhalten. „Wir Grünen unterstützen das Salcos-Projekt nachdrücklich“, sagte Ricarda Lang. „Nur mit dieser entschlossenen Transformation der bisherigen Produktion zum grünen Stahl wird es gelingen, die Arbeitsplätze hier zu halten. Das ist bei unserem Gespräch über das Salcos-Projekt noch einmal sehr deutlich geworden. Was hier passiert, ist eine strategische Industriepolitik. Da müssen Bund und Land an einem Strang ziehen.“

Eine am Klimaschutz ausgerichtete und zukunftsfähige Industriepolitik steht und fällt nach den Worten Meyers auch für die Salzgitter AG mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien. Nur dann kann ausreichend klimaneutraler grüner Wasserstoff produziert werden. „Wir haben im Bund durch eine 16 Jahre lange Blockadepolitik, aber in den vergangenen fünf Jahren SPD/CDU-Regierung auch in Niedersachsen viel Zeit verloren. Das muss sich dringend ändern. Der Bund hat bereits einiges vorangebracht. Dieses auch in Niedersachsen anzupacken, den Turbo für die Erneuerbaren Energien anzuschmeißen, für schnellere Genehmigungsverfahren und Planungssicherheit zu sorgen, das steht für die Grünen in einer künftigen Landesregierung ganz oben“, betonte Meyer. 

Fotohinweis: Grünen-Besuch beim Salcos-Projekt der Salzgitter AG. Von links: Michael Dröse (Direktkandidat Salzgitter und Lengede), Christian Meyer (Spitzenkandidat zur Landtagswahl), Ricarda Lang (Bundesvorsitzende), Nico Söhnel (Direktkandidat Wolfenbüttel-Nord).

Hintergrund

Ziel von SALCOS® ist es, die Stahlproduktion in Salzgitter in drei Stufen bis 2033 komplett auf eine CO2-arme Rohstahlproduktion umzustellen. Die erste Stufe mit einer Rohstahlkapazität von 1,9 Mio. Tonnen pro Jahr soll bereits Ende 2025 in Betrieb gehen. Im Rahmen der Transformation werden zwei Direktreduktionsanlagen und drei Elektroöfen errichtet, die dann die Hochöfen und Konverter sukzessive ersetzen. Damit wird das bisherige auf Kokskohle beruhende Verfahren von einem neuen auf Wasserstoff basierenden Verfahren abgelöst. So sollen rund 95 % der jährlichen CO2-Emissionen von etwa 8 Mio. t eingespart werden. Damit kann rund 1 % der deutschen CO2-Emissionen vermieden werden.

Finanzierung: Die erste Ausbaustufe soll 1,8 Milliarden Euro kosten

  • 723 Mio. Eigenmittel der Salzgitter AG
  • 300 Millionen vom Land
  • 700 Millionen vom Bund

Mit der Direktreduktionstechnologie wird Eisenerz nicht aufgeschmolzen, sondern direkt in festem Zustand zu metallischem Eisen reduziert. Im Elektrolichtbogenofen wird das direktreduzierte Eisen gemeinsam mit Stahlschrott eingeschmolzen und zu Stahl verarbeitet. Der Unterschied zum herkömmlichen Verfahren: auf diesem Weg vom Eisenerz zum Stahl entsteht kein CO2.

Grüne Forderungen zur sozial-ökologischen Transformation in Niedersachsen

  • 1 Milliarde € für einen Transformationsfonds. Daraus Weiterbildung und auch stille Beteiligungen für Unternehmen finanzieren, die sich den Transformationsprozess alleine finanziell nicht leisten können.
  • Transformationsgipfel/Beirat: Unter dem Oberthema soll aus Gesellschaft, Forschung, Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber *innen ein Beirat gebildet werden; das MW berät, was geeignete Maßnahmen für die sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft in Niedersachsen sind. Die Transformationsgipfel oder auch Beiräte sollen in den Regionen stattfinden. Sie dienen dem Austausch in der Region: Es sollen Ideen und Ansätze entwickelt werden, wie der Wandel konkret aussehen kann, analysiert und zusammengetragen werden soll, wie die Unternehmen aufgestellt sind, und es soll notwendige Unterstützung vom Land heraus gearbeitet werden (z.B. Fort- Weiterbildung, etc.), um Bedarfe zu decken, die die Region beziehungsweise auch Unternehmen nicht alleine decken können. Während sich etwa VW eine eigene Akademie leisten kann, ist das für kleine Unternehmen finanziell nicht möglich. Auf diesen Gipfeln könnte u.a. auch besprochen werden, ob und wenn wie VW seine Akademie öffnet, weil auch VW Interesse an Zulieferern hat.
  • Neuausrichtung Wirtschaftsförderung: Für den notwendigen Umbau werden wir Fördermittel, Konjunkturprogramme und Investitionszuschüsse konsequent an den Umwelt- und Klimazielen sowie an das Ziel der Beschäftigungssicherung und des Beschäftigungsausbaus koppeln. Ein wichtiger Impulsgeber hierfür ist die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen.
  • Transformation Automobilwirtschaft: Einfluss im Aufsichtsrat und Beteiligungen bei VW besser nutzen, den Volkswagen-Konzern auf die klimapolitischen Anforderungen der neuen Mobilitätswelt und des internationalen Wettbewerbs ausrichten. Wir unterstützen den geplanten Umbau der VW-Standorte hin zur E-Mobilität und die geplante Giga-Factory für Batterien in Salzgitter.  Ab spätestens 2030 keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr.
  • Dekarbonisierung in der Chemie- und Metallindustrie: Hier u.a. ausreichender grüner Wasserstoff für die Stahlindustrie. Dazu gehören Anlagen zur Produktion von Wasserstoff sowie die Infrastruktur zu dessen Transport. Für den Import von grünem Wasserstoff Jade-Weser-Port zu einer Drehscheibe für erneuerbare Energien in Deutschland und Westeuropa entwickeln.
  • Außenschutz für Übergangszeit: Keine Wettbewerbsnachteilen z. B. durch den Import von mit klimaschädlicher Kohle produziertem Stahl. EU-Kommission in ihrem Programm Fit for 55 geplanten Grenzausgleichsmechanismus unterstützen.
  • Gute Arbeit schützen: Die klimagerechte Transformation unserer Wirtschaft muss auch sozial sein. Grundpfeiler grüner Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind gute Arbeit, Absicherung und Beratung bei Arbeitslosigkeit, Teilhabe für alle und eine starke Daseinsvorsorge. Wir wollen Aus- und Weiterbildung, Tarifbindung und Mitbestimmung in allen niedersächsischen Unternehmen. Für betriebliche Innovations- und Transferprozesse schaffen wir Beratungsmöglichkeiten, die die Beschäftigten und die Mitbestimmungsstrukturen nachhaltig unterstützen. In den Betrieben sollen Transformationsausschüsse einrichten und tarifvertragliche Vereinbarungen zur Gestaltung der Transformation geschlossen werden.