Ich will mich hier nicht zu persönlichen Betroffenheiten äußern. Ich werde zum Antrag der rot-grünen Koalition zur Zukunftssicherung Salzgitters einige Klarstellungen auf der Sachebene vornehmen angesichts der medialen Aufbereitung des Themas, die die ohnehin schwierige Situation zusätzlich aufgeheizt hat.
Schauen wir uns die Ausgangssituation an. Im Raum standen zwei unterschiedliche Positionen zur Zukunft Salzgitters.
Auf der einen Seite die optimistische Position, vertreten durch den Oberbürgermeister, dass Salzgitter allein lebensfähig ist und sein wird. Das Konzept der kinder- und familienfreundlichen Lernstadt wird im Zusammenhang mit der Zukunftsfähigkeit der Stadt genannt. Gebiets- und Kommunalveränderungen werden kategorisch abgelehnt, die Position absolut gesetzt.
Bei der Ratskoalition hingegen überwiegen Zweifel an der optimistischen Sichtweise. Die grüne Ratsfraktion verdrängt z.B. nicht die drohende Inbetriebnahme eines Atommüllendlagers, die keineswegs Menschen – und schon gar nicht Familien – in die Stadt ziehen würde. Da ist der hohe Schuldenberg – und kein Ende in Sicht. Und da ist die Einstufung der Aufsichtsbehörde. Danach ist Salzgitter, ich zitiere „nicht dauernd leistungsfähig“. Vor diesem Hintergrund und angesichts der von außen angestoßenen Regionsdebatte, der Fusion von Kommunen um uns herum und angesichts des aktuellen Vorstoßes aus Peine zu Verhandlungen mit Salzgitter werden Gebiets- und Kommunalveränderungen von uns nicht kategorisch abgelehnt, sondern wir fordern, unterschiedliche Optionen in einem offenen, transparenten Prozess prüfen zu lassen, um Vor- und Nachteile abwägen und sich positionieren zu können.
Ich fasse zusammen: Es gibt unterschiedliche Positionen. In beiden drückt sich Verantwortung aus. Beide Seiten wollen das Beste für die Stadt, eine Annäherung scheint nicht möglich. In Psychologie und Ethik nennt man das ein „Dilemmata“. Die Frage ist, wie kommt man da heraus? Das geht natürlich nicht im Stil einer Regenbogenpresse, in der einseitig Partei genommen, eine Position als Kriegserklärung diffamiert und auf die Ebene der Machtspiele reduziert wird. Diese Form von Stimmungsmache heizt nicht nur – ich habe schon darauf hingewiesen – die Atmosphäre auf, nein viel schlimmer noch, sie schadet der Sache.
Aber die Frage bleibt, wie kommt man da heraus? Das ist auf der institutionellen Ebene einfacher als in anderen Bereichen. Die Lösung bietet hier der demokratische Rechtsstaat. Er gibt mit Gesetzen, Verfahren und Mehrheitsprinzip Instrumente an die Hand. Auf die vorliegende Entscheidungsmaterie angewendet bedeutet das verkürzt: Geht es um die grundlegenden Entwicklungsziele der Kommune entscheidet bei unterschiedlichen Auffassungen der Rat, wenn es denn gelingt, entsprechende Mehrheiten zu organisieren. Diesen rechtsstaatlichen Vorgaben folgte der rot-grüne Antrag zur Zukunftssicherung Salzgitters.
Nun hat es darüber hinaus im öffentlichen Raum große Irritationen gegeben um die beabsichtigte Amtszeitverlängerung des Oberbürgermeisters, genährt auch durch einen Kommentar in der Salzgitter-Zeitung, der rot-grün unterstellte, mit der Amtszeitverlängerung einen cleveren Schachzug gelandet zu haben, denn es gäbe keine geeigneten Kandidaten zur Wahl des Hauptverwaltungsbeamten. Deshalb auch hier eine Klarstellung in der Sache. Für die grüne Ratsfraktion waren drei Gründe ausschlaggebend, für eine Amtszeitverlängerung einzutreten:
- Im Prüfprozess um mögliche Zusammenschlüsse ist die Teilnahme des Oberbürgermeisters für uns von hoher Bedeutung. Auf seine Verwaltungserfahrung wollten wir nicht verzichten, indem wir seine Teilnahme durch die Unwägbarkeiten einer Wahl gefährden würden. Denn auch bei einem beliebten Amtsinhaber ist eine Wiederwahl nicht gesichert. Ich erinnere an Helmut Knebel.
- Herrn Klingebiel würden durch die Amtszeitverlängerung keine Nachteile entstehen. In 2014 gewählt, ginge die Amtszeit bis 2021. In 2016 gewählt, wäre das auch nur bis 2021. Die Wahlchancen würden durch eine längere Amtszeit vermutlich noch erhöht.
- Käme es nach dem Prüfprozess zu Gebiets- und Verwaltungsneuordnungen, wäre erneut eine Wahl des Hauptverwaltungsbeamten durchzuführen. Innerhalb eines kurzen Zeitraumes also zweimal die Wahl des Hauptverwaltungsbeamten.
Für uns wäre eine Amtszeitverlängerung des Oberbürgermeisters nach wie vor aus den dargestellten Gründen eine gute Lösung und wünschenswert gewesen. Wir bedauern, dass es dazu nicht gekommen ist. Aber wir freuen uns auch, dass wir nun mit einem gemeinsamen Antrag zur Überprüfung von Entwicklungsperspektiven Salzgitters eine gute Lösung gefunden haben.
Christa Garms-Babke